Wer anonym surft, wird erst Recht überwacht

Das ist schon bizarr: Wer anonym z.B. über Tor -oder Tails-Netzwerke surft oder danach sucht, wird erst Recht von der NSA überwacht. Darüber berichten NDR und WDR sowie die Internetseite heise.de. Auch das ct-Magazin hatte darüber bereits berichtet.

Die NSA geht offenbar davon aus, dass derjenige, der anonym surft, etwas zu verbergen habe, was den Geheimdienst dann auf jeden Fall interessiert. Dabei können die Gründe für anonymes Surfen vielfältig sein: Dissidenten oder Bürgerrechtsbewegungen kommunizieren anonym, Privatpersonen wollen ihre Privatsphäre schützen oder Rechtsanwälte und Berufsgeheimnisträger nehmen ihre anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung ernst.
Der Schutz der Privatsphäre wird in Deutschland über das Grundgesetz und z.B. Datenschutzgesetze geschützt. Rechtsanwälte und Strafverteidiger unterliegen von Gesetzes wegen (§ 43a Abs. 2 Satz 1 BRAO, § 2 Berufsordnung) einer Verschwiegenheitsverpflichtung, die gerade das Leitbild der Anwaltschaft prägt. Rechtsanwälten, Verteidiger und Berufsgeheimnisgruppen stehen Zeugnisverweigerungsrechte in Straf- (§ 53 StPO) und Zivilverfahren(§ 383 ZPO) zu. Auch vor Überwachungsmaßnahmen in Ermittlungsverfahren werden Rechtsanwälte und Verteidiger gesetzlich geschützt (§ 160a StPO).

Aus vielfältigen legalen und gesetzlich geschützten Gründen kann und soll es sinnvoll sein, anonym zu surfen. Es ist davon auszugehen, dass die Vollüberwachung des Internets durch Geheimdienste weiter zunimmt und die Bundesregierung keinen Anlass sieht, die deutsche Internetnutzer vor der Ausspähung von ausländischen Geheimdiensten zu schützen. Und ebenso wenig, wie wir unsere Wohnungstür offen stehen lassen, weil nichts zu verbergen sei, sollten Internetnutzer nicht allzu leichtfertig offenlegen, was sie im Internet suchen, einkaufen, anschauen.

Einfache Maßnahmen helfen bereits, seine Privat- oder Verschwiegenheitssphäre zu schützen:

  • Durch die Nutzung von https-Seiten im Internet (in der Browserzeile durch https sichtbar) wird eine abhörsichere Übertragung gewährleistet. Doch nicht jede Internetseite bietet diese Möglichkeit der SSL-verschlüsselten Übertragung.

 

  • Die Suchmaschine Duckduckgo (DuckDuckGo.de, verschlüsselte Übertragung nur über die englischsprachige Webseite https://www.duckduckgo.com, DuckDuckGo ist auch als App für das Handy verfügbar) verspricht, keine Suchanfragen zu speichern oder persönliche Informationen zu teilen.

 

  • Anstelle unverschlüsselter Emails sollten Nutzer bei sensiblen Informationen die Emails z.B. mit GnuPG/PGP (GnuPG ist Open-Source-Variante, PGP ist die amerikanische Variante) verschlüsseln. Nachrichten werden signiert und verschlüsselt. (Weitere Informationen zu Verschlüsselung z.B. bei Wikipedia, Link zur offiziellen Seite von GnuPG).
    Sie können mit uns als Kanzlei ebenfalls verschlüsselt kommunizieren: www.secure.kanzlei-kohlmeier.de.
    Ob die Verschlüsselung des amerikanischen Anbieters Symantec oder der offenen Software GnuPG genutzt wird, sollte jeder für sich selbst abwägen. Unsere Kanzlei nutzt GnuPG.

 

  • Sensible Informationen, private Informationen, geheimhaltungsbedürftige Informationen sollten nicht über das Internet oder durch unverschlüsselte Emails ausgetauscht werden. Nutzen Sie hierfür besser den Briefversand, die Nutzung des Versands über Boten oder die persönliche Übergabe.

 

  • Bei der Nutzung von Cloud-Diensten (Speicherung von Daten im Internet) sollten Sie einen Dienstanbieter wählen, der sich mindestens zu der Einhaltung der europäischen und deutschen Datenschutzstandards verpflichtet hat. Nicht alle amerikanischen Anbieter sichern dies zu.

 

  • Haben Dritte Personen (wie z.B. Computeradministratoren, PC-Reparaturservice) Zugriff auf Ihre Daten, stellen Sie sicher, dass sich die Dienstleister ebenfalls an ihre Datenschutzstandards hält. Es hilft Ihnen der eigene Schutz der Daten nichts, wenn ihr Computer-Dienstleister ihre Daten während der Wartung in der Cloud speichert oder Ihnen unverschlüsselte Emails übersendet. Bei der Auftragsdatenverarbeitung sind zudem die Anforderungen nach Bundesdatenschutzgesetz einzuhalten. Weitere Information und Muster erhalten Sie z.B. bei der BITKOM.

 

  • Entpersonalisieren Sie Ihr Telefon. Schalten Sie Datendienste die ihre Aufenthaltsorte speichern (z.B. Apple IOS: Einstellungen -> Ortungsdienste -> Systemdienste -> Häufige Orte) aus, nutzen Sie strenge Datenschutzeinstellungen, schalten Sie Ad-Tracking für die Zusendung personalisierter Werbung (z.B. Apple IOS: Einstellungen -> Datenschutz -> Werbung -> Kein Ad-Tracking) aus.

 

  • Bei der Nutzung von sozialen Netzwerken wie Facebook wissen Sie, Datenschutzeinstellungen zu verwenden und nicht alles zu offenbaren, was Sie zu ihrer Privatsphäre zählen.

 

  • Die TU Dresden bietet im Rahmen eines Forschungsprojekts an, anonym im Internet zu surfen, indem nicht die vom Internetanbieter zugewiesene IP-Adresse, sondern eine andere IP-Adresse verwendet wird http://anon.inf.tu-dresden.de.
    Im Internet finden sich weitere Anbieter, die anonymes surfen kostenfrei oder kostenpflichtig anbieten, z.B. http://anonymous-proxy-servers.net/.

 

  • Temporäre Email-Adressen z.B. www.spaml.de (oder bei Duckduckgo „temporäre Email“ suchen) helfen, um bei einmaligen Anmeldevorgängen auf Internetseiten nicht seine eigene Email-Adresse zu verwenden. Zu empfehlen ist, seine Privatsphäre zu schützen, indem bei einem kostenlosen Email-Anbieter ein oder mehrere Emailadressen angelegt werden, die im Internet angegeben werden können, ohne seine eigene private oder dienstliche Email-Adresse zu offenbaren.

 

  • Einige Email-Anbieter wie z.B. http://mailbox.org versprechen, einen besonders hohen Datenschutzstandard einzuhalten und die Privatsphäre zu schützen.

 

  • Mithilfe einer „Live-CD“ (DuckDuckGo-Suche, JonDo Live-CD) wird temporär ein virtuelles Betriebssystem geladen, mit dem man dann im Internet surfen kann. Der Vorteil des virtuellen Betriebssystems: da sich die Internetdaten nur im virtuellen Betriebssystem befinden, werden die Daten der Internetnutzung nach Beendigung der Nutzung und dem Abschalten aus dem temporären Speicher gelöscht.

 

  • Wer über das Tor-Netzwerk anonym surfen möchte, für den haben wir hier den offiziellen Link hinterlegt: https://tor.eff.org/

 

Bei allen Beispielen gilt natürlich, dass erst das Zusammenspiel mehrerer Maßnahmen zu einem wirkungsvollen Schutz der Privat- und Verschwiegenheitssphäre führt. In vielen Fällen hilft der einfache Menschenverstand und die Kontrollfrage: „Wie würde ich im analogen Leben handeln.“. So ist wenig hilfreich für die Privatsphäre, über duckduckgo eine Internetseite zu suchen, auf der dann die eigene Emailadresse angegeben wird.

Unsere Kanzlei berät Sie sowohl bei Datenschutzfragen in ihrem Unternehmen, wie auch bei dem Schutz Ihrer Privatsphäre. Ist Ihre Privatsphäre verletzt worden, sind Betriebsgeheimnisse offenbart worden oder sind datenschutzrechtliche Regelungen nicht eingehalten worden, beraten und vertreten wir Sie sowohl bei der (zivilrechtlichen) Beseitigung und Verhinderung der Folgen wie auch bei der strafrechtlichen Ahndung und Verfolgung. Wir sind für Sie erreichbar: 030.22605000

 

Kanzlei Kohlmeier
Kanzlei für Internet- und IT-Recht

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