Kammergericht rüffelt Landgericht: schwarz-weiß statt Farbe

So etwas liest man nicht oft und schon gar nicht in dieser Deutlichkeit: Das Kammergericht rüffelt mit deutlichen Worten das Berliner Landgericht, werder “der wiederholten, verfehlten, Übung der Gerichtsverwaltung des Landgerichts Berlin“, dass Schriftsätze und Anlagen „in schwarz-weiß ausgedruckt sind, obwohl sie möglicherweise Farbbestandteile enthalten.“ Das Kammergericht kündigt an, die „Bearbeitung von Akten des Landgerichts Berlin mit entsprechenden Defiziten von vornherein abzulehnen.“

Was ist der Hintergrund? Mit Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) können Rechtsanwälte ihre Schriftsätze und Anlagen elektronisch einreichen. Dabei kommt es in vielen Fällen auf Farbausdrucke an, so z.B. Beim Urheberrecht oder im IT-Recht. Diese eingehende Post wird offenbar seit längerem vom Landgericht nur schwarz-weiß und nicht in Farbe ausgedruckt, sehr zum Missfallen des Kammergerichts. Und weist das Landgericht nun wegen dieser Praxis mit deutlichen Worten zurecht. Auch einmalig und die Begründung des Kammergerichts ist einfach nur lesenswert:

Kammergericht Berlin, 5. Zivilsenat, 23.06.2020, 5 W 1031/20

„Die Zurückverweisung erscheint im Übrigen auch deshalb angebracht, um dem Landgericht Gelegenheit zugeben, vor Weiterbearbeitung der Sache ordnungsgemäße Papierakten zu produzieren. Dies scheint bislang nicht der Fall zu sein, weil und soweit die elektronisch eingereichten Schriftsätze einschließlich aller Anlagen – der wiederholten, verfehlten, Übung der Gerichtsverwaltung des Landgerichts Berlin geschuldet – in schwarz-weiß ausgedruckt sind, obwohl sie möglicherweise Farbbestandteile enthalten (vgl. beispielsweise auch schon Senat, Vfg. v. 07.05.2020 – 5 W 1004/20 = LG Berlin – 102 O 13/20; Senat, Beschl. v. 25.10.2019 – 5 W 175/19, S. 9 ff. = LG Berlin – 52 O 226/19). Der Senat kann letzteres nicht überprüfen, da er keinen Zugriff auf die beim Landgericht gespeicherten elektronischen Eingänge hat. Das Landgericht wird hier deshalb den Papieraktenbestand (einschließlich aller Anlagen) ggf. entsprechend zu korrigieren haben.

Der Senat behält sich für die Zukunft vor, eine Bearbeitung von Akten des Landgerichts Berlin mit entsprechenden Defiziten von vornherein abzulehnen. Hierbei kann nicht maßgeblich sein, ob es auf die nur schwarz-weiß ausgedruckten Farbbestandteile in den elektronischen Schriftsätzen einschließlich aller Anlagen im Einzelfall „ankommt“ oder (wie im Streitfall wohl) nicht. Weder ist es den Richtern zumutbar mit „anderen“ Eingängen zu arbeiten als von den Parteien eingereicht, noch wird deren verfassungsrechtlich verbürgter Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gewahrt, wenn das Gericht ihre eingereichten Dokumente nicht in authentischer Form beurteilt, sondern in abgewandelter Form.„

Ende der Durchsage des Kammergerichts.

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