Verein mit mehreren Kitas verfolgt wirtschaftliche Tätigkeit

Ein Verein, der mehrere Kindertagesstätten betreibt, ist kein Idealverein, wenn er Kinderbetreuungsplätze nur oder im wesentlichen am freien Markt in Konkurrenz zu Dritt-Anbietern anbietet. Auf den satzungsmäßig verfolgten Zweck des Vereins kommt es dabei nicht an. Dies hat das Kammergericht in zwei Beschlüssen vom 16.02.2016 entschieden (22 W 88/14; 22 W 71/15).

Beide Beteiligte waren im Vereinsregister bei dem Amtsgericht Charlottenburg als Idealvereine iSv § 21 BGB eingetragen (also als „normale“ Vereine eingetragen). Nach den Satzungen verfolgten die Vereine gemeinnützige Zwecke, die vor allem durch die Einrichtung von Elterninitiativ-Kindertagesstätten und Förderung der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe verwirklicht werden sollte. In beiden Fällen hat das Amtsgericht Charlottenburg festgestellt, dass die Tätigkeit den wirtschaftlichen Zweckbetrieb überschritten haben und daher die Umwandlung in ein wirtschaftliches Unternehmen vornehmen müsse. Einer der Vereine hatte 2412 Plätze in 24 Kindertagesstätte angeboten, der andere Verein hatte 16 – 32 Plätze in 9 Kindertagesstätten. Dies stellt nach Ansicht des Registergerichts offensichtlich die Verfolgung eines wirtschaftlichen Zweckes dar, der der Eintragung als Idealverein entgegensteht.

Gegen die Auffassung des Amtsgerichts haben beide Vereine Beschwerde eingelegt, die vom Kammergericht zurückgewiesen wurde. Das Kammergericht bestätigte damit die Auffassung des Registergerichts.

Die Vornahme irgendeiner wirtschaftlichen Betätigung schließt das Vorliegen eines ideelen Vereins iSv § 21 BGB nicht aus, solange diese nur als Nebenzweck und nicht als Hauptzweck betrieben wird. Bei der Beurteilung des Vorliegens eines auf einen wirtschaftlichen Betrieb gerichteten Zweck kommt es nicht auf den Wortlaut der Satzung, sondern auf die tatsächlich ausgeübte bzw. beabsichtigte Tätigkeit des Vereins an. Diese Beurteilung ist anhand des Sinn und Zweck der §§ 21, 22 BGB zu ermitteln.

Wie der BGH bereits feststellte, sind Sinn und Zweck der §§ 21, 22 BGB insbesondere eine wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen zu verhindern, soweit sie die Grenzen des sog. Nebenzweckprivilegs überschreiten (vgl. BGH, 04.06.986, I ZR 29/85 in NJW 1986, Seite 3201). Danach darf ein Idealverein auch unternehmerische Tätigkeit vornehmen, soweit diese dem ideelen Hauptzweck zugeordnet und untergeordnet und nur ein Hilfsmittel zu dessen Erreichung sind (BGH, 29.09.1982, I ZR 88/80 in NJW 1980, Seite 569).

Nach Ansicht des Kammergerichts haben beide Vereine eine wirtschaftliche Tätigkeit vorgenommen, die nicht mehr unter das sog. Nebenzweckprivileg fällt. Dies lässt sich aus der Internetseite der Beteiligten erkennen, aus denen ersichtlich ist, dass der Betrieb von Kindertagesstätten der Hauptzweck der beiden Vereine ist. Die Vereine sind keine kleinen Anbieter und stehen offensichtlich in Konkurrenz zu anderen wirtschaftlichen Anbietern. Darüberhinaus haben die Beteiligten nicht vorgetragen, dass irgendeine besondere Beziehung der Kindeseltern zum Verein ersichtlich ist, z.B. dass die Eltern in die Organisationsabläufe des Vereins eingebunden wären. Daher haben beide Vereine im Grunde genommen entgeltliche, unternehmerische Betätigung vorgenommen.

Ein planmäßiger, entgeltlicher und auf Dauer angelegter Betrieb von Kitas ist grundsätzlich als eine unternehmerische Betätigung zu qualifzieren. Dabei kommt es auf eine Gewinnerzielungsabsicht des Vereins nicht an. Es ist auch ohne Bedeutung, in welcher Art und Weise die Entgelte zufließen. Zu erwähnen bleibt, dass die Bestimmungen der Satzungen über die Verfolgung des gemeinnützigen Zweckes keinen Einfluss auf das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vereins haben, da es sich hierbei um eine allein steuerrechtlich zu beurteilende Frage handelt. Die Bestätigung des Finanzamtes, dass ein Verein gemeinnützige Zwecke verfolgt, kann zwar ein Indiz für das Vorliegen eines Idealvereins sein (siehe Beitrag „Vereinsregister kann Eintragung als Idealverein trotz Gemeinnützigkeit ablehnen“). Der Status als gemeinnützig setzt jedoch die Rechtsform des Vereins nichts voraus, auch eine GmbH (gGmbH) kann gemeinnützige Ziele verfolgen.

Verfolgt ein Idealverein tatsächlich ein wirtschaftliches Ziel als Hauptzweck, muss er seine Rechtsform in eine Kapitalgesellschaft oder eingetragene Genossenschaft wechseln. Man sollte vor allem nicht auf die ursprüngliche Eintragung in das Vereinsregister vertrauen. Denn bei Entwicklung des Vereins und geänderten Rahmenbedingungen kann das Vereinsregister eine Prüfung vornehmen, ob der Rahmen als Idealverein nach § 21 BGB noch gewahrt ist.

Die Entscheidung des Kammergerichts ist noch nicht rechtskräftig.

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