Gründungsmitglied eines nicht eingetragenen Vereins haftet für Sozialversicherungsbeiträge

Das Gründungsmitglied eines nicht eingetragenen Vereins haftet persönlich für nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge nebst Säumniszuschlägen. Dies hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 11.03.2016, L 1 KR 377/14) entschieden und in der Berufungsbegründung für die Haftung die Abgrenzung zwischen einem Idealverein und einem wirtschaftlichen Verein dargestellt.

Die Klägerin gründete mit weiteren Mitgliedern einen Verein, der mit 3 Verkaufsläden für Bedürftige sowie Maler- und Transportdienstleistungen Selbsthilfemaßnahmen für Langzeitarbeitslose organisierte. Der Verein beschäftige 59 Mitarbeiter. In der Satzung wurden Regelungen zum Zweck des Vereins getroffen, die die Nicht-Wirtschaftlichkeit sowie Gemeinützigkeit begründen sollte. Das Vereinsregister lehnte die Eintragung des Vereins ab, weil er nicht den Vorausstzungen nach § 21 BGB (Idealverein) entsprach.

Nach Insolvenz des Vereins nahm der Sozialversicherungsträger die Klägerin als Gründungsmitglied mit einem sogenannten Haftungsbescheid in Höhe von 38523,14 EUR in Anspruch. Zu Recht, wie das Landessozialgericht urteilte. Denn die Klägerin hafte nach § 54 Abs. 1 Satz BGB in entsprechender Anwendung des § 128 HGB persönlich.

Anhand des Urteils ist gut Haftungsabgrenzung nachvollziehbar. Bei dem streitgegenständlichen Verein handelte es sich nicht um einen rechtsfähigen Verein. Der Verein erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister (§ 21 BGB) oder staatliche Verleihung (§ 22 BGB).  Der streitgegenständliche Verein war auch kein nicht-rechtsfähiger, nichtwirtschaftlicher Idealverein. In diesen drei Fällen ist ist eine Inanspruchnahme nach § 54 BGB ausgeschlossen.

Das Sozialgericht entschied, dass es sich bei dem Verein nicht um einen (nichtwirtschaftlichen) Idealverein nach § 21 BGB handelte, sondern um einen wirtschaftlichen Verein iSd § 22 BGB handelte. Der Verein habe unternehmerisch am Markt teilgenommen, dies zeigen u.a. die Verkaufsstellen, die Anzahl der Angestellten („kleines mittelständischen Unternehmen“) sowie die Konkurrenz zu am Markt tätigen Maler- und Transportunternehmen.

Für die Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Verein stellt das Landessozialgericht (mit der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur) auf die 3 Grundtypen eines Vereins ab, deren Zweck eine wirtschaftliche Betätigung ist. Die 3 Grundtypen des wirtschaftlich tätigen Vereins sind:

  • unternehmerisch tätige Verein, der an einem äußeren Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet,
  • Verein mit unternehmerischer Tätigkeit an einen inneren, d.h. aus den Mitgliedern des Vereins bestehenden Markt,
  • Verein, der auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist, der eine genossenschaftliche Kooperation betreibt, also von seinen Mitgliedern mit unternehmerischen Teilaufgaben betraut.

Unerheblich für die Abgrenzung ist, was letztlich in der Satzung steht – es kommt bei der Beurteilung zwischen wirtschaftlichen oder nichtwirtschaftlichen Verein nicht auf den Wortlaut der Satzung, sondern auf die tatsächlich ausgeübte bzw. beabsichtigte Tätigkeit an.

Zwar darf ein Verein im Nebenzweck unternehmerische Tätigkeit entfalten. Ob das Nebenzweckprivileg überschritten ist, ist nach Sinn und Zweck von § 21 und § 22 BGB zu ermitteln.

Für Vereinsgründer gilt daher: Es sollte zwingend die Eintragung als Idealverein im Vereinsregister erreicht werden, um der Haftung nach § 54 BGB zu entgehen. Wenn keine Eintragung erreicht oder gewollt ist, ist zwingend darauf zu achten, dass die Tätigkeit des Vereins ausschließlich in der Hauptsache nichtwirtschaftlicher Art (Idealverein) ist. Andernfalls kann es für Vereinsgründer teuer werden, wie die Höhe des Haftungsbescheides zeigt.

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